Kritik und Interview nach dem Konzert mit Berliner Camerata am 24.08.2012 im Französischen Dom Berlin in der Zeitung ‘Zeitfokus’ (www.zeitfokus.de)
Geschrieben von Alexandra Zenko Samstag, 01 September 2012
Erschienen in Konzerte
Wenn man über türkische Musik nachdenkt, dann kommen sofort die Erinnerungen an Klänge ausdem Orient, man sieht sogar die bunten Bilder von Bauchtanz vor sich und absolut niemand wird an klassische Musik denken. Aber am 24. August 2012 fand ein Konzert im Französischen Dom statt, das einen anderen Eindruck hinterließ. Türkei meets Klassik – ein wunderschönes Konzert, organisiert von Columbus Concerts GmbH im Rahmen des Berliner Klassiksommers 2012. Daniel Manz entführte die Zuschauer in seinem interessanten Vortrag in die klassische Welt der Türkei. Aber „die Musik spricht für sich allein“ und diesem Spruch verpflichtet, gibt Columbus
Concerts GmbH in Zusammenarbeit mit dem Orchester Berliner Camerata dem Berliner Publikum die sehr schöne Gelegenheit, die türkische klassische Musik zu erleben und eine neue Generation exzellenter Künstler vorzustellen. Einer dieser exzellenten Künstler an diesem Abend war auf jeden Fall der türkische Pianist Burak Çebi. Seit einem Jahr wohnt er in Berlin und wie er über sich selbst gesagt hat, gehört das Klavier von jeher zu seinem Leben Genauso wie die anderen Zuschauer im Französischen Dom waren wir auch von diesem jungen Pianisten begeistert und konnten nach dem Konzert dank des Veranstalters mit ihm sprechen. Nachdem er einer Delegation der türkischen Regierung, die auch das Konzert besuchte, in seiner Muttersprache Fragen beantwortet hat, sprach er mit uns in perfektem Deutsch über das Konzert, seine Liebe zur Musik und seine Lieblingskomponisten. Unser Gespräch wurde als Interview geführt:
Zeitfokus: Bestimmt sind Sie in Deutschland geboren?
Burak Çebi: Nein, ich bin in der Türkei 1985 geboren worden. Ich komme aus Izmir.
Zeitfokus: Wie kamen Sie in die Welt der klassischen Musik?
Burak Çebi: Ich komme aus einer Musikerfamilie, die seit Generationen eng mit der westlichen klassischen Musik verbunden ist. Mein Opa war ein guter Musiker. Mein Vater ist ein berühmter Pianist. Er hat mir und meinem Bruder den ersten Musikunterricht gegeben und von Kindheit an war mir klar, dass klassische Musik meine große Liebe sein wird – obwohl die klassische Musik nun wirklich nicht zur türkischen Mentalität und Tradition gehört.
Zeitfokus: Welche Konzerte oder auch Wettbewerbe waren für Sie besonders bedeutend?
Burak Çebi: Ich habe mehrere Preise bei internationalen Wettbewerben gewonnen. Beim „Klavierpodium 2008“ in München hatte ich einen sehr großen Erfolg. Aber besonders wichtig war für mich der Mozart Wettbewerb 2011 in Nürnberg, wo ich nicht nur Preisträger war, sondern auch die Stipendien des DAAD und der Sparda-Bank sowie des Wagner-Verbandes erhalten habe. Das erste große Konzert mit dem in der Türkei berühmten Dirigenten Ibrahim Yazici im Jahre 2008 war für mich sehr bedeutend.
Zeitfokus: Das Publikum im Französischen Dom war heute sehr begeistert von Ihnen und Sie hast auch großzügig Zugaben gespielt. Was können Sie über den Unterschied zwischen den deutschen und türkischen Zuhörern sagen?
Burak Çebi: In Deutschland ist man von Kindheit an mit der klassischen Musik vertraut. In der Türkei ist die Klassik anerkannt und beliebt – leider aber nur bei der Elite. In Deutschland kann ich sogar den Unterschied zwischen Bayern und Preußen schildern.
Zeitfokus: Das ist hoch interessant!
Burak Çebi: Ja, ich habe in Nürnberg studiert und gelebt. Deswegen kenne ich auch diese Unterschiede. In Bayern besuchen mehr die älteren Leute und echte Klassikliebhaber die Konzerte. In Berlin ist das Publikum mehr jugendlich und spontan. Man sieht hier auch viele Touristen, die gerne nach dem harten Tag der Stadtbesichtigung entspannen und die Gelegenheit nutzen, um klassische Konzerte zu besuchen.
Zeitfokus: Welche Werke spielen Sie gern?
Burak Çebi: Vor 5 Jahren war Schumann mein Lieblingskomponist. Jetzt bin ich Fan von Franz Liszt. Ich spiele sehr gerne auch Beethoven und Mozart. Eine besondere Ehre für mich hier in Deutschland ist es, die Werke türkischer Komponisten zu präsentieren.
Zeitfokus: Sie haben heute mit Begleitung der „Berliner Camerata“ unter Leitung von Olga Pak gespielt. Wie war das?
Burak Çebi: Das Ensemble ist super! Es war ein Vergnügen, mit solchen Musikern zusammen aufzutreten.
Für uns war das ein unvergesslicher Abend, an dem wir der türkischen Klassik begegnet sind. Im brillanten Zusammenspiel von Burak Çebi und dem Orchester „Berliner Camerata“ wurden Werke der türkischen Komponisten Ahmed Adnan Saygun und Ulvi Cemal Erkin sowie Kompositionen von Franz Liszt und Wolfgang Amadeus Mozart aufgeführt. Der Türkische Marsch von Mozart beendete humorvoll den türkischen Abend im Rahmen des Berliner Klassiksommers. Damit endet aber noch nicht das vielfältige Programm des Berliner Klassiksommers. Im Französischen Dom und im Schloss Friedrichsfelde können sie noch viele schöne Konzerte erleben.
Empfehlenswert sind:
Bach & Blues (30. August), Doppelkonzerte von Olga & Irina Pak, Gabriel & Katharina Uhde
(31. August), ein Barockabend mit dem Countertenor Valer Barna – Sabádus und dem Deutschen Barockorchester
(2.September) und besonders schön wird wohl die „Romantische Nacht“ (7.September).
Zum Abschlusskonzert des Berliner Klassiksommers werden sie am 8. September in den Französische Dom am Gendarmenmarkt eingeladen. Diesen Klassiksommer muss man genießen!
Und zum Abschluss unseres Berichtes über den türkischen Abend im Französische Dom: Können sie sich vielleicht vorstellen, wie Mozart seinen Türkischen Marsch komponiert hätte, wenn er in der Türkei geboren worden wäre?
Viel Spaß beim Improvisieren!
Das Interview führte Alexandra Zenko.